Um 2 verlasse
ich das Werk und mache mich weiter auf den Weg. Es ist noch heisser
als gestern und deutlich mehr als 35 Grad. Nochmal etwas tanken, damit
es bis über die Grenze reicht (5,10 Liter/ km 14545).
Um 1530 überquere ich die Grenze nach Polen. Der polnische Zöllner
kommt extra raus aus seinem Häuschen, ich habe schon Angst, dass
ich jetzt mein ganzes Auto auspacken darf. Auf die Frage, ob ich meinen
Kofferraum öffnen soll, gibt er mir zu verstehen, dass er zubleiben
kann. Er schaut nur nach dem Auto.
Hier in der hohen Tatra gibt es Landschaft pur und es ist sehr kurvenreich.
Alle paar Meter muss man aufpassen, dass man nicht einen Wanderer oder
Radfahrer ummäht. Ausserdem werden die Strassen spürbar schlechter.
Noch nicht wirklich schlecht, aber schlechter und unebener. Aus Angst
um die Hinterfeder räume ich alles Schwere nach vorn vor die Rücksitzbank.
Und es zeigt sich, dass es sich gelohnt hat: Nachdem die Strassen so
schlecht werden, dass man Angst ums Auto haben muss (Spurrillen, Schlaglöcher,
aufgeweichter Teer), beschliesse ich, ein Stück Autobahn zu fahren
bis Wroclav. Eine schlechte Idee. Eine so schlechte Autobahn habe ich
noch nie irgendwo gefahren. Ich denke mal, dass die noch der Onkel Adolf
gebaut hat. In anderen Ländern hebt man die Betonplatten und gleicht
Unebenheiten aus. Aber nicht in Polen: Hier teert man eine Rampe dran,
aber nur bei Absätzen über 5cm. Dazu kommen Schlaglöcher,
in denen Kinder spielen könnten und in denen ein Vorderrad glatt
verschwindet. Nachts sollte man hier nicht langfahren! Auch in Wroclav
(Breslau) sind die Strassen übelst: Altes Kopfsteinpflaster mit
Teerflicken und dazu keine Fahrbahnmarkierungen. Und die Polen fahren
schlimmer als schlimm, somal in geschlossenen Ortschaften 60 gefahren
werden darf und so um die 70 gefahren wird. Gerne auch etwas schneller.
Um halb 7 bin ich endlich auf dem Campingplatz am Olympia-Stadion. Schnell
die Hütte aufgestellt und in die Stadt Getränkenachschub holen.
Gekocht wird heute nichts (irgendwie kein Hunger, was mich selber wundert).
Nur Bananen, Obst und Brot gibt’s .
Dienstag, 05. August km 14744
Um halb 8 aufgewacht
und richtig gut geschlafen. Die Sonne brennt aufs Zelt und es wird warm.
Um 0915 verlasse ich den Platz. Es geht weiter über übelste
polnische Strassen. Die Spurrillen sind teilweise so tief, dass man
in der Mitte den Asphalt weggefräst hat, damit man nicht aufsetzt.
Am Strassenrand ist ein hoher Teerwall, der einfach durch die schweren
LKW´s aufgehäuft wurde. Merke: Schlechte Strasse = Normalzustand.
Warnschild = wirklich schlechter als schlechte Strasse und ernsthafte
Gefahr. Ausserdem gilt: Hat man keine Autobahn in der Nähe, so
muss man sich halt eine imaginär vorstellen. Also auf 2-spuriger
Landstrasse vierspurig fahren. Manchmal wird das knapp, wenn sich 2
überholende LKW´s begegnen. Einer muss ausweichen. Nach welchem
System das Ausweichen passiert und wer auszuweichen hat, das habe ich
bisher noch nicht gerafft.
In Lodz tanke ich noch mal auf, diesmal ausnahmsweise bleifrei, weil’s
grad bei Shell im Angebot ist (18,29 Liter/ km 14957). Eigentlich will
ich noch ins Textilmuseum, aber in Lodz ist grad garnix ausgeschildert.
Also fällt das flach.
Gegen 1600 erreiche ich Warszawa (Warschau) und finde, nachdem ich mir
nen Stadtplan gekauft habe, auch ziemlich direkt den gesuchten Campingplatz.
Er ist leichter zu finden als der nicht weit davon entfernte Strand
an der Wisla. Eigentlich will ich noch in die Stadt am Abend, aber die
Dame an der Rezeption rät mir davon als zu gefährlich ab.
Danach wird noch gekocht, und zwar Bratkartoffeln mit Zwiebeln. Es wird
dann auch schon dunkel, also ab ins Bett.
Mittwoch, 06. August km 15137
Am Morgen schaue
ich mir die Duschen an. Ich mache die ersten Erfahrungen mit dem sprichwörtlichen
Polen: Ich finde meine Jeans, die ich gestern, bevor ich zum Strand
gefahren bin, auf den Rücksitz gelegt habe, in der Dusche wieder.
Natürlich ist sie leer, aber das war sie vorher auch schon. Man
ist ja vorsichtig gewesen. Da das Auto über Nacht verschlossen
war, wurde sie wohl entwendet, während ich (tagsüber) im Zelt
war und das Auto direkt daneben stand. So langsam wird mir klar, warum
der Campingplatz nachts geschlossen und mit Stacheldraht umzäunt
und mit Hunden umgeben ist. Ich beschliesse, zukünftig das Auto
immer zu verschliessen, auch dann, wenn ich in der Nähe bin. Der
Fotoapparat, im Handschuhfach hinter Lappen versteckt, ist Gott sei
Dank wenigstens noch da. Glück gehabt.
Ich baue ab und verlasse gegen 10 den Platz und fahre mit dem Bus und
der Tram in die Stadt. Grandios ist der Russenmarkt am Stadion, hier
bekommt man echt alles, vom gebrauchten (oder geklauten?) Handy über
Kleidung bis Werkzeug. Es ist der grösste Europas, und selbst nach
3 Stunden schauen habe ich noch nicht alles gesehen. Fast hätte
ich mir eine Wostok für 70 Zloti gekauft. Ich will aber noch ne
Runde machen und dann nochmal verhandeln (auf französisch). Als
ich zurückkomme, ist die Frau mit dem Stand weg… Mist, Pech
gehabt! Also in die Innenstadt rumschauen gehen und was essen. Ich gehe
in einen Dönerladen und lege meine Brille auf die Theke. Während
ich erkläre, was ich haben möchte, gibt mit die Bedienung
zu verstehen, dass ich die Brille da wegnehmen soll. Ich fühle
mich erst etwas angepinkelt, aber es macht Sinn: Sie erklärt mir,
dass es nicht lange dauern würde, bis die Brille weg wäre…
Polen live halt.
Ich fahre mit der Linie 146 zurück zum Platz und mache mich um
viertel vor 2 wieder auf den Weg. Schliesslich will ich morgen abend
in Vilnius sein. In Ostrow verfranzele ich mich wieder mal total. Kein
Wundern bei den X-Strassen, die aus dem Kaff rausgehen. Ich habe das
Gefühl, in die falsche Richtung zu fahren. Ich frage einen Polen,
der eigentlich Russe ist, und keine Sprache spricht, die ich auch beherrschen
würde. Er fährt statt mit dem Bus mit mir ein Stück mit
und erklärt mir den Weg. Es geht über ungeteerte Staubstrassen,
der Staub kommt durch alle Ritzen ins Auto und es wird neblig im Auto.
Aber ich komme dann tatsächlich auf den richtigen Weg. Es ist mal
wieder erstaunlich, wie Verständigung auch ohne gemeinsame Sprache
möglich ist. Nebenbei erfahre ich, dass das Gebiet früher
Deutsch, später Sowjetisch war.
In Lomza wird wieder getankt, diesmal auf Kreditkarte (20,04 Liter/
km 15315).Gegen 1900 erreiche ich dann den Campingplatz in Augustow
nahe der polnischen/russischen/ litauischen Grenze. Der Platz ist sehr
günstig (15 Zl.), trotzdem ist er gut und die sanitären Einrichtungen
ziemlich neu. Heute gibt es Reis mit einer undefinierbaren aber guten
polnischen Sauce mit frischer gelber Paprika. Je weiter östlich
man kommt, desto früher wird es dunkel. Aber morgen wird ja die
Uhr eine Stunde vorgestellt (OEZ in Litauen).